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Telekosmos-Praktikum

Teil 1

• Title
• Heinz Richter
• Inhaltsverzeichnis
• Wichtige Hinweise
• Auswahl von Geräten
• Einleitung

A. Wir richten unser Experimentierlabor ein
B. Elektrotechnik, in Versuchen erlebt
C. Mit Halbleiterdioden auf du und du
D. Mit dem Transistor ist alles zu machen
Schlusswort
Anhang
I. Anwelsung zum Aufbau
II. Anleitung zum Prüfen und Reparieren von Einzelteilen

• Versuchsverzeichnis
• Stichwortverzeichnis
• Accessories
• Norm-Schaltzeichen nach DIN


4. Immer noch wichtig - der Transistor

Der Transistor wurde erst 1948 erfunden. Prinzipiell setzt er sich in der heutigen, modernen Form des "Flaechentransistors" aus drei verschiedenen Kristallen zusammen, die eng zusammenhängen. Besteht der erste Kristall aus einem p-Halbleiter, der zweite aus einem n-Halbleiter und der dritte wiederum aus einem p-Halbleiter, so spricht man von einem pnp-Transistor. Man kann auch einen n-, p- und n-Kristall vorsehen und erhält dann einen npn-Transistor. Der mittlere Kristall ist jeweils wesentlich duenner als die beiden äusseren Kristalle und heisst Basis. Die beiden äusseren werden Emitter und Collector genannt.

5. Ein kurzer Transistor-Steckbrief vorweg ...

Betrachtet man jeweils einen äusseren Kristall zusammen mit dem mittleren, so stellt diese Kombination eine einfache Halbleiterdiode dar. Wir werden das später auch in Versuchen nachweisen. Das Zusammenwirken der drei Kristalle jedoch verleiht dem System ganz bestimmte, interessante Eigenschaften. Legt man naemlich (s. Abb. 22) zwischen Collector und Basis eine Spannung in Sperrichtung an, so fliesst nur ein von den Minoritätsträgern stammender, äusserst geringer Sperrstrom, auch Collectorreststrom genannt. Macht man nun z. B. bei einem pnp Transistor den Emitter positiv gegen die Basis, so fliesst schon bei kleinen Spannungen ein kraeftiger Emitterstrom. Dieser Emitterstrom entspricht einem Fluss von Majoritätsträgern, in diesem Fall Defektelektronen, von denen der groesste Teil durch die Basis zum Collector gelangt, der sie begierig aufnimmt und somit einen aussen meßbaren Strom liefert, der Collectorstrom heisst. Zu dem sehr schwachen Sperrstrom des Collectors kommt also noch ein weiterer Strom hinzu, wenn man den Emitter positiv gegenüber der Basis macht. Der Collectorstrom ist dabei ein wenig kleiner als der Emitterstrom, weil ein gewisser Teil der Defektelektronen sich teilweise mit den in der Basis befindlichen Elektronen vereinigt ("Rekombination") bzw. zur Basis abfliesst.

Zur Wirkungsweise des Transistors
Abb. 22. Zur Wirkungsweise des Transistors

Diese Darstellung ist allerdings stark vereinfacht, denn der zur Basis abfliessende Strom, der Basisstrom, setzt sich aus verschiedenen Bestandteilen zusammen, die ihren Ursprung in komplizierten Sperrschicht-Vorgaengen haben. Für uns genügt es, sich zu merken, daß der Emitterstrom stets die Summe aus Basis- und Collectorstrom bzw. daß der Collectorstrom die Differenz aus Emitter- und Basisstrom ist.

Wir werden in den späteren Versuchen sehen, daß solch ein Transistor in bestimmten Schaltungsarten (Basisschaltung, Emitterschaltung, Collectorschaltung) zur Verstärkung von Leistungen, Strömen und Spannungen faehig ist. Waehrend alle Schaltungsarten Leistungen verstärken können, ist eine Stromverstärkung nur bei der Emitter- und Collectorschaltung, eine Spannungsverstärkung nur bei der Basis- und Emitterschaltung möglich. Darauf gehen wir ausführlich bei den Versuchen ein.

Ein npn-Transistor wird schaltungstechnisch ganz genau so wie ein pnp-Transistor behandelt, nur mit dem Unterschied, daß sich alle Polaritäten umkehren. Der Emitter kommt also z. B. an minus, der Collector an plus. Demzufolge kehren auch die Ströme ihre Richtung um. Die physikalische Wirkungsweise wird aber nicht geändert.

Noch kurz ein Wort zu den Vereinbarungen über die Richtungen der verschiedenen Transistorströme: Sie sind noch nicht einheitlich. Eine häufig angewendete Regel besagt, daß alle in Richtung zum Kristall fliessenden Ströme (in konventioneller Flussrichtung betrachtet) ein positives Vorzeichen haben. Demnach müssten z. B. bei einem pnp-Transistor der Emitterstrom ein positives, der Collector- und Basisstrom ein negatives Vorzeichen erhalten. Man kann aber auch formell annehmen, daß Collector- und Basisstrom in den Transistor ebenfalls hineinfliessen, ohne zwischen den verschiedenen Ladungsträgern zu unterscheiden. Messinstrumente reagieren darauf überhaupt nicht. Dann wuerden die Symbole ein einheitliches, die Zahlenwerte ein verschiedenes Vorzeichen erhalten. Wir machen uns die Sache etwas einfacher und geben in den Schaltbildern stets die Stromrichtung nach der konventionellen Art in Form von Pfeilen an. Vorzeichen-Unterschiede vor den Symbolen fallen dann fort. Wir betrachten also den Transistor als schaltungstechnisches Element wie andere Bauteile auch (s. Abb. 23 und 24).

Pfeile bei pnp-Transistoren
Abb. 23. Pfeile bei pnp-Transistoren
Pfeile bei npn-Transistoren
Abb. 24. Pfeile bei npn-Transistoren

Der Hauptvorteil der Transistoren gegenüber der Roehre besteht darin, daß man nur sehr geringe Betriebsspannungen braucht und daß Transistoren wesentlich kleiner als Roehren sind. Da sie außerdem keine Heizung benötigen und bei richtiger Behandlung eine fast unbegrenzte Lebensdauer haben, zieht man sie heute schon in vielen Faellen den Roehren vor. Keineswegs jedoch wird der Transistor die Roehre vollkommen verdraengen, denn dieser bleiben stets Anwendungsgebiete vorbehalten, für die sich der Transistor prinzipiell schlechter oder gar nicht eignet.

Obwohl der Germanium-Transistor nach wie vor große Bedeutung hat, wird er immer mehr vom Silizium-Transistor verdraengt, dessen Sperrströme oft vernachläßigbar klein sind. Er darf auch bei höheren Temperaturen verwendet werden.

6. Wie Transistoren gebaut sind

Für die Herstellung solcher Transistoren gibt es viele, grundsaetzlich voneinander verschiedene Verfahren. Den heute voellig veralteten "Spitzentransistor" übergehen wir gaenzlich. Bei der ebenfalls veralteten Ziehmethode benuetzt man eine zunaechst aus einem n-Halbleiter bestehende Schmelze, aus der langsam ein Kristall gezogen wird. Hat er den richtigen Umfang erreicht, so setzt man der Schmelze Akzeptoren zu, so daß diese einen p-Charakter erhält. Der Ziehvorgang wird solange fortgesetzt, bis der zweite Kristall, also die Basis, in genügender Dicke entstanden ist. Nunmehr setzt man der Schmelze Donatoren zu, so daß sie wieder in einen n-Typ umschlaegt. Damit ist der Transistor fertig. Man spricht von "gezogenen" Transistoren, die meist npn-Typen sind.

Ein anderes, bei pnp-Typen heute noch uebliches Herstellungsverfahren geht vom Basiskristall aus. In beide Seiten eines n-Kristalles werden Indiumpillen einlegiert. Dadurch bilden sich links und rechts vom n-Halbleiter duenne p-Zonen aus, die den Collector und Emitter darstellen. Dieses Verfahren wird heute vorzugsweise für Germanium-Niederfrequenz-Transistoren verwendet, und der Klein-Leistungstransistor unseres Experimentierkastens (kenntlich an der aufgesteckten Kuehlschelle) ist ein solcher "pnp-Legierungstransistor".

Bei der Herstellung hatte man anfänglich mit außerordentlichen chemischen und physikalischen Schwierigkeiten zu kaempfen, und sie ist natuerlich wesentlich komplizierter als hier angedeutet. Darüber hinaus gibt es unzaehlige Spezialverfahren. So erhält man z. B. bei Verwendung des sogenannten Drift-bzw. Diffusionsprinzips auch für sehr hohe Frequenzen geeignete Transistoren. Man muss naemlich wissen, daß die Fortbewegung der Ladungsträger In der Basis in normalen Transistoren durch einen ziemlich träge verlaufenden Vorgang, Diffusion genannt, erfolgt. Beschleunigungskraefte fehlen, denn infolge der gleichmaessigen Dotierung der Basis gewoehnlicher Transistoren können sich in der Basiselektrode keine Spannung und damit kein elektrisches Feld, das die Ladungsträger beschleunigen wuerde, ausbilden. Dotiert man aber die Basis ungleichmaessig, was mit Hilfe eines Diffusionsverfahrens (im technologischen Sinne) möglich ist (diese "Diffusion" hat nichts mit dem vorhin erwähnten Diffusionsvorgang der Ladungsträger während des normalen Betriebes zu tun!), so beschleunigt das nunmehr infolge der ungleichmaessigen Spannungsverteilung in der Basis herrschende elektrische Feld die Ladungsträger so erheblich, daß deren Laufzeit sehr kurz wird. Kurze Laufzeiten bedeuten aber eine bessere Eignung des Transistors für hohe Frequenzen.

Die neueste Entwicklung führt zu den Mesa-, Planar- und Epitaxial-Planar-Transistoren sowie zum Feldeffekttransistor. Der Mesatransistor ist an sich nach dem soeben beschriebenen Diffusionsprinzip aufgebaut, technologisch aber so gestaltet, daß die ebenfalls für die Verarbeitbarkeit hoher Frequenzen wichtigen Elektrodenkapazitäten sehr klein werden. Die Planartechnik, die für die große technische Zuverläßigkeit moderner Transistoren von entscheidender Bedeutung ist, kommt z. Z. nur bei Siliziumtypen zur Anwendung. Die Planartechnik schuetzt die gegenüber äusseren Einflüssen sehr empfindlichen pn-Übergaenge durch eine Schicht aus Siliziumoxyd. Das führt zu sehr kleinen Sperrströmen, geringem Rauschen, ausgezeichneter Konstanz und hervorragender Verstärkung selbst bei sehr kleinen Collectorströmen. Diese Planartechnik wird gleichzeitig mit der Diffusions- bzw. Drifttechnik angewendet. Der in unserem Experimentierkasten enthaltene HF-Typ ist ein npn-Silizium-Planartransistor.

Ein dem Mesa-Planartyp noch anhaftender Nachteil ist der hochohmige Collector, der zu relativ großen Restspannungen zwischen Emitter und Collector führt. Dieser Nachteil wird durch das Epitaxieverfahren beseitigt, bei dem bestimmte technologische Massnahmen für einen niederohmigen Collector sorgen. Zusammen mit der Planar- und der Diffusionstechnik (ungleichmaessige Dotierung der Basis) angewendet, entsteht so der Epitaxial-Planar-Silizium-npn-Transistor (der Bau von pnp-Typen nach diesen Verfahren ist aus gewissen Gruenden z. Z. nicht ueblich), der den derzeit modernsten Transistor darstellt.

Der Feldeffekt-Transistor sei nur kurz angedeutet. Seine Funktion beruht darauf, daß man die elektrische Durchläßigkeit elnes Halbleiterkristalls von aussen durch ein elektrisches Feld steuert. Dieses Feld schnuert je nach seiner Stärke den für den Stromdurchgang wirksamen Kristallquerschnitt mehr oder weniger stark ein. Die dafür massgebende Spannung hat keinen Strom zur Folge, d. h. der Feldeffekt-Transistor verhält sich aehnlich wie eine nahezu leistungslos steuerbare Elektronenroehre. Damit geht ein seit langem gehegter Wunsch der Schaltungstechniker in Erfuellung. Diese Transistoren haben sich in der Praxis bereits recht gut bewährt.

Abschliessend noch ein kurzes Schlaglicht auf die naechste Zukunft, das auf den ersten Blick etwas erschreckend anmutet: Der Transistor in seiner klassischen Form hat seinen Gipfelpunkt bereits überschritten. Seine Bedeutung als einzelnes Schaltelement beginnt zugunsten der integrierten Schaltungstechnik, die auf den Erkenntnissen der Halbleiterphysik aufbaut, abzunehmen. Es wuerde jedoch zu weit führen, darauf naeher einzugehen. Auf jeden Fall wollen wir mit unserem Elektroniklabor zunaechst die Transistortechnik gruendlich kennenlernen. Dann werden wir später, wenn der Transistor (aehnlich wie jetzt die Roehre von diesem) von der integrierten Elektronik verdraengt wird, diese Technik richtig verstehen können.

7. Man kauft nach Leistung und Frequenz

Es gibt heute Transistoren in den verschiedensten Größen und mit den verschiedensten elektrischen Eigenschaften. Der erste und aelteste Typ ist der Niederfrequenz-Transistor kleiner Leistung. Die verarbeitbaren Leistungen liegen meist unterhalb 1 W. Transistoren dieser Art praesentieren sich äusserlich als kleines Roehrchen, duenner als ein Bleistift und etwa 15 mm lang. Die Kristallanschlüsse sind in Form duenner Draehtchen nach aussen geführt, die man beim Einloeten nicht kuerzen darf, um Beschaedigungen durch zu starke Erhitzung zu vermeiden. Auch soil beim Loeten die Warme durch eine Flachzange abgeführt werden, mit der man die Transistordraehte umfaßt. Eine Verbesserung des Niederfrequenz-Kleintransistors stellen die Hochfrequenz-Transistoren dar, die äusserlich oft dieselbe Form wie die Niederfrequenztransistoren haben. Käufliche Transistoren erreichen Frequenzen über 1000 MHz. Auch diese Transistoren sind nur für sehr kleine Leistungen bestimmt.

Die dritte Gruppe bilden die sogenannten Leistungstransistoren. Sie sind räumlich wesentlich größer. Infolgedessen lassen solche Transistoren auch größere Ströme zu, und man kann demnach mit Ihnen größere Leistungen verarbeiten. Frueher gab es Leistungstransistoren fast nur für Niederfrequenzzwecke. Sie gestatten das Verarbeiten von Leistungen bis zu etwa 100 W. Mit diesen Typen kann man also z. B. sehr leistungsfaehige Kraftverstärker bauen. Daneben gibt es jetzt Schalttransistoren für sehr kurze Zeiten, sowie Hochfrequenz-Leistungstransistoren, mit denen sich sehr beachtliche Hochfrequenzleistungen erzeugen lassen.

8. Temperatur und Streuungen - Sorgenkinder der Ingenieure

Da bei Transistoren die Temperaturempfindlichkeit eine große Rolle spielt, hat man die Begriffe Sperrschichttemperatur Tj, Umgebungstemperatur Tumg und Wärmewiderstand k eingeführt. Bei dem Sammelbegriff "Warmewiderstand" gibt es verschiedene Differenzierungen, die wir nicht naeher eroertern wollen. Tj (als hoechst zuläßiger Wert) und k (unter bestimmten thermischen Verhältnissen) werden von den Transistorherstellern angegeben. Ohne naeher auf die Verhältnisse einzugehen, sei erwähnt, daß die Temperaturdifferenz Tj - Tumg stets gleich dem Produkt k · Pv ist, wobei Pv die Verlustleistung im Transistor bedeutet. Es gilt demnach für die hoechste zuläßige Verlustleistung Pv max bei gegebenen anderen Werten stets Pv max = (Tj - Tumg) / k. Dabei sind die Temperaturen in °C, die Leistung in mW und der Warmewiderstand in °C / mW einzusetzen. Für unseren mit Kuehlschelle versehenen Leistungstransistor gilt k = 0,29, wenn sich die Schelle In der Luft befindet, und k = 0,4, wenn der Transistor ohne Kuehlschelle arbeitet. Ein Beispiel: Bei einer Umgebungstemperatur von 30 °C darf dieser Transistor, dessen hoechstzuläßige Sperrschichttemperatur 90 °C beträgt, hoechstens mit einer Leistung von Pv max = (90 - 30) /0,29 = 206 mW belastet werden, wenn man auf ihn die Kuehlschelle steckt. Für unseren HF-Transistor ist Tj = 125 °C und k = 0,5 °C / mW (Betrieb stets ohne Kuehlschelle): Demnach darf man diesen Transistor, z. B. bei Tumg = 25 °C, hoechstens mit einer Leistung von Pv max = (125 - 25) /0,5 = 200 mW belasten.

Das Rechnen mit der Transistor-Verlustleistung ist manchmal unpraktisch und zeitraubend. Man muss sich naemlich darüber klar sein, daß es nur darauf ankommt, die hoechstzuläßige Sperrschichttemperatur nicht zu überschreiten. Ist das der Fall, so interessiert die dabei auftretende Verlustleistung nur sekundaer, etwa in der Form, daß man prüfen muss, ob die vom Hersteller angegebenen Strom- bzw. Spannungsgrenzen nicht überschritten werden.

Wie sich zelgen läßt, tritt an einem basisseitig beliebig gesteuerten Transistor dann ein Hoechstmass an Verlustleistung auf, wenn der Gleichstrom-Innenwiderstand der Collector-Emitterstrecke gleich der Summe aller im Collector- und Emitterkreis vorkommenden Widerstände ist. Diese Summe wollen wir Rg nennen. Nach den Gesetzen der Leistungsanpassung ergibt sich dann Pv max = U²B / 4 Rg (UB = Batteriespannung). Setzt man diese Beziehung mit der oben angegebenen Formel für Pv max gleich, die den Zusammenhang zwischen dieser Leistung, der Temperaturdifferenz und dem Wärmewiderstand darstellt, so erhalt man als Mindestwert für Rg den Ausdruck

Rg min = [k · U²B /4 (Tj - Tumg)] · 10³.

Diese hoechst einfache Formel erlaubt sofort die Angabe des Mindestwertes Rg min, der im Emitterund Collectorkreis vorhanden sein muss, damit die jeweilige Hoechst-Verlustleistung in dem Transistor nie überschritten werden kann. Beispielsweise finden wir für den Leistungstransistor mit Kuehlschelle bei UB = 9 V, k = 0,29 °C / mW, Tumg = 40 °C und Tj = 90 °C für Rg min den Wert 117 ohm. Waehlt man diesen Wert, so wird im ungünstigsten Fall die hoechstzuläßige Verlustleistung des Transistors bei der Batteriespannung von 9 V erreicht. Eine Gefaehrdung des Transistors ist dann ausgeschlossen. Man erkennt uebrigens aus dieser Überlegung deutlich, daß vor allem der Warmewiderstand des Transistors massgebend für die ihm zumutbare Verlustleistung bei bestimmten Temperaturverhältnissen ist. Da Verlustleistung und Wirkleistung wie ueblich über den Wirkungsgrad verknuepft sind, kann man aus einem Transistor einen um so größeren Wert an Nutzleistung herausholen, je kleiner dessen Wärmewiderstand ist. Deshalb trachten die Hersteller von Transistoren danach, ihren Erzeugnissen einen möglichst kleinen Wert von k zu erteilen. Bei dieser Gelegenheit ein Hinweis: Der Warmewiderstand, den die Hersteller angeben können, bezieht sich entweder auf den Wärmewiderstand zwischen dem Inneren des Kristalles und der umgebenden Luft oder aber auf den Wärmewiderstand, der entsteht, wenn das Transistorgehäuse auf einer bestimmten, ebenfalls angegebenen Temperatur gehalten wird. Das wiederum setzt die Verwendung von Kuehlflaechen bei größeren Leistungen voraus, deren Abmessungen von Fall zu Fall von dem Entwickler der Schaltung angegeben werden müssen.

Transistoren haben in der Praxis verschiedene Eigenschaften, die man von den Roehren her überhaupt nicht kennt. Dazu gehört die Temperaturabhängigkeit verschiedener Transistordaten, vorzugsweise der Sperrströme. Dieser bei den Dioden behandelte Temperatureinfluss gilt auch für Transistoren. Weiterhin kann man Transistoren heute noch nicht so gleichmaessig herstellen, daß jedes Exemplar eines bestimmten Typs stets die gleichen elektrischen Daten hat. Man spricht von "Streuungen", die recht große Werte annehmen können (bei der Stromverstärkung z. B. sind Werte von 1:4 durchaus ueblich). Diese Streuungen machen neben der Temperaturabhängigkeit dem Schaltungstechniker oft das Leben schwer, und er muss durch verschiedene Kunstgriffe, die auch unsere Schaltungen enthalten, dafür sorgen, daß die Anordnungen auch beim Einsetzen von Transistoren mit streuenden Daten und innerhalb eines bestimmten Temperaturbereiches (etwa zwischen 20 und 40 Grad Celsius in unserem Fall) einwandfrei arbeiten. Wie sich diese Einflüsse auswirken können, zeigt z. B. folgende Überlegung: Liegt im Collectorkreis eines Transistors ein ohmscher Widerstand, so wird auf diesen Widerstand bei einem bestimmten Collectorstrom ein Teil der Betriebsspannung entfallen, während der andere Teil an den Transistorelektroden liegt. Bei einem richtigen Spannungsverhältnis arbeitet der Transistor dann ordnungsgemaess. Aendert sich nun aber der Collectorstrom und damit der Innenwiderstand in derselben Schaltung infolge von Temperatur- oder Streueinflüssen erheblich, so kann das Spannungsverhältnis so ungünstig werden, daß die Schaltung versagt. Entweder bekommt dann der Transistor zu viel oder zu wenig Spannung. Alle diese möglichen Einflüsse werden jedoch in unseren Schaltungen in ihrer Auswirkung unschaedlich gemacht. Das allerdings gilt nur für die Auswirkung der Gleichstromverstärkung eines Transistors. Ebenso kann die Wechselstromverstärkung schwanken. Diese Schwankungen können wir in unseren Schaltungen nicht immer unterdrücken. Sie äussern sich z. B. in einer größeren oder kleineren Wechselstromverstärkung eines Verstärkers, in der schwankenden Empfindlichkeit eines Empfängers usw. Es ist so wie bei Autos: Nicht jeder Motor desselben Typs hat auch dieselbe Leistungsfaehigkeit, und wir sind in unserem Experimentierkasten auf die Exemplare angewiesen, die uns die Hersteller liefern. Gluecklicherweise sind die Unterschiede jedoch so gering, daß sie nur wenig ins Gewicht fallen. Besitzen wir auch den Ergaenzungskasten XS oder XR, so haben wir mehrere Transistoren desselben Typs zur Verfuegung. Durch versuchsweises Austauschen lassen sich dann gewisse Schwankungen kompensieren.

Eine der schlimmsten, bei Transistoren möglichen Erscheinungen ist die sogenannte thermische Aufschaukelung, mit der man rechnen muss, wenn in den Stromkreisen des Transistors überhaupt keine ohmschen Widerstände liegen. Steigt naemlich dann die im Transistor in Wärme umgesetzte Leistung stärker an, als sie nach aussen durch Kuehlung abgeführt werden kann, so wird die Transistor-Verlustleistung immer größer, ebenso der Collectorstrom, weil dieser ja auch mit der Temperatur steigt. Das bedeutet eine größere Leistung und damit eine weitere Erwärmung. Die Sache "schaukelt sich auf", und das kann blitzschnell zur Zerstörung des Transistors führen. Es gibt bestimmte Gesetze, nach denen man die Gefahr dieser Aufschaukelung vorausberechnen kann. Für uns genügt es zu wissen, daß alle in diesem Buch angegebenen Schaltungen niemals eine thermische Aufschaukelung "erleben" können.

9. Photowiderstände - elektronische Heinzelmaennchen

In unserem Elektroniklabor ist noch ein weiteres Halbleiter-Bauelement, ein Photowiderstand (LDR = light dependend resistor), enthalten. Er wird vor Beginn der photoelektronischen Versuche (Seite 125) ausführlich besprochen. Hier sei nur angemerkt, daß solch ein Organ seinen Widerstandswert unter dem Einfluss von Lichtstrahlen sehr stark ändert. Darauf beruhen neben photoelektrischen Methoden zahlreiche Anwendungen als veränderlicher Widerstand bzw. als Potentiometer 1m Rahmen der normalen Schaltungstechnik. Wir werden daher den Photowiderstand schon vor Besprechung der eigentlichen Photoelektronik verwenden und wollen ihn dann nur als Regelwiderstand betrachten; die Regelung selbst erfolgt nicht wie bei den ueblichen Drehwiderständen durch einen Knopf, sondern durch mehr oder weniger starke Beleuchtung, die das diesem Kasten beigegebene Spezialgehäuse mit Lichtklappe ermöglicht. Naeheres darüber also auf Seite 125. Ein LDR hat einen Widerstandsregelbereich, den man mit gewoehnlichen Drehwiderständen nie erreichen kann! Zur Beleuchtung genügt oft die normale Zimmerbeleuchtung. Definierter arbeitet aber das im LDR-Gehäuse eingebaute Lämpchen, das in den Schaltbildern dann stets mit 4,5 V betrieben wird. Da aber meistens 3 V schon genügen, kann man diesen Anschluß besonders bei frischen Batterien wählen. Das spart Strom und schont das Lämpchen.

Wer sich naeher für Halbleiter-Bauteile interessiert, sei auf das Buch "Transistor-Praxis" vom gleichen Verfasser hingewiesen, das in seiner 10. Auflage bereits die Entwicklung von 1968 berücksichtigt. Auch in der vierbaendigen "Neuen Schule der Radiotechnik und Elektronik", im gleichen Verlag erschienen, wird auf den Transistor eingegangen.