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Telekosmos-Praktikum

Teil 1

• Title
• Heinz Richter
• Inhaltsverzeichnis
• Wichtige Hinweise
• Auswahl von Geräten
• Einleitung

A. Wir richten unser Experimentierlabor ein
B. Elektrotechnik, in Versuchen erlebt
C. Mit Halbleiterdioden auf du und du
D. Mit dem Transistor ist alles zu machen
Schlusswort
Anhang
I. Anwelsung zum Aufbau
II. Anleitung zum Prüfen und Reparieren von Einzelteilen

• Versuchsverzeichnis
• Stichwortverzeichnis
• Accessories
• Norm-Schaltzeichen nach DIN


11. Eine Transistor-Wuenschelrute

Eine weitere Anwendung der galvanischen Kopplung lernen wir in Abb. 80 (Aufbauschema Abb. 81) kennen. Wir verwenden hier den Kopfhörer als "Suchspule" für magnetische Felder; er steuert die Basis des Transistors T, der in Gleichstromkopplung mit T1 verbunden ist. Das Prinzip dieser Schaltung einschliesslich der der Endstufe ist uns schon aus Abschnitt 10 bekannt. 1m Emitterkreis von T liegt ein mit C überbrückter Widerstand, der die gleichstrommaessige Einstellung des Arbeitspunktes, der mit P eingeregelt wird, erleichtert. Dieses Einregeln erfolgt am besten mit Hilfe der akustischen Rückkopplung, die nachher erklart wird. Dazu legen wir den Kopfhörer auf den Lautsprecher und verstellen P so lange, bis ein Pfeifton hörbar wird. Dann versuchen wir unter Nachstellen von P den Ton zu erhalten, wenn wir den Hoerer ganz wenig vom Lautsprecher entfernen. Die günstigste Einstellung von P ist gefunden, wenn der Pfeifton bei groesstmöglichem Abstand (immer nur wenige Zentimeter) einsetzt.

Ein Feld-Suchgerät
Abb. 80. Ein Feld-Suchgerät

 Aufbauzeichnung zu Abb. 80
Abb. 81. Aufbauzeichnung zu Abb. 80

Wir schrauben jetzt den Kopfhörerdeckel ab und entfernen die vor dem Kopfhörergehäuse befindliche Membran, so daß die Poischuhe frei werden. Nun nehmen wir die Zuführungsleitung einer brennenden Wechselstromlampe möglichst großer Leistung (besser ist noch ein Buegeleisen oder ein an derer starker Stromverbraucher) und führen sie möglichst dicht zwischen den und parallel zu den Poischuhen. Wenn wir P richtig eingestellt haben, haren wir im Lautsprecher ein (allerdings ziemlich leises und hohes) Brummen. Es ruehrt davon her, daß die Wechselstromleitung in der Kopfhörerspule eine sehr kleine Wechselspannung induziert. die im Verstärker verstärkt und im Lautsprecher hörbar gemacht wird. Was wir hören, ist uebrigens nicht die Grundfrequenz des Netzwechselstroms, sondern ein Gemisch von Oberwellen, deren Frequenzen hoch genug sind, um im Verstärker noch brauchbar verstärkt zu werden.

Haben wir Leitungen mit starken Wechselströmen, so können wir noch in einer Entfernung bis zu 15 cm von den Polschuhen den Ton wahrnehmen, wenn Hin- und Rückleitung nicht direkt nebeneinanderliegen (sonst heben sich die Felder beider Leitungen gegenseitig auf). Solche Ströme liefert uns z. B. der Kosmos-Netztransformator (man verwende etwa den Anschluß 0-1, also 4 V, und belaste ihn mit einem Widerstand von 4 Ohm 4 Watt, dann fliessen etwas weniger als 1 A, was schon ein kraeftiges Magnetfeld ergibt). Fliessen in Leitungen unter Putz Ströme von mehreren Ampere, so können wir mit dem Kopfhörer die Wand entlangfahren und auf diese Weise die Leitung elektrisch "orten". Ist der Ton am lautesten, so befinden wir uns mit dem Hoerer unmittelbar über der Leitung. In ahnlicher Form lassen sich Streufelder von Netztransformatoren aller Art, z. B. in Radioempfängern, von Motoren (in Staubsaugern usw.), nachweisen. Bei einiger Phantasie findet man vielerlei lohnende Objekte. Übrigens kann schon ein Brummen entstehen, wenn wir die Kopfhörerleitung in die Hand nehmen. Es wird durch kapazitiv "eingestreute" Störspannungen hervorgerufen. Um es zu vermeiden, fassen wir den Kopfhörer am besten nur am Gehäuse an. Der Versuch ist recht reizvoll, weil wir durch ihn unsichtbare Krafte aufspueren und hörbar machen können. Es gibt uebrigens noch weitere interessante Anwendungen für diese Schaltung, die wir nachstehend kurz andeuten wollen:

Verschiedene Spulen in unseren Telefonen senden Magnetfelder aus, die den Sprechströmen entsprechen. Nahern wir z. B. den Kopfhörer (mit entfernter Membran) dem Telefongehäuse oder auch dem Telefonhörer, so werden wir im Lautsprecher das gerade geführte Telefongesprach mithoren können; wir haben einen "Telefonadapter" vor uns (allerdings ist das nach den neuesten Postbestimmungen nicht mehr statthaft!). Haben wir eine elektrische Tuersprechanlage, so können wir ebenso vorgehen. Auch auf rein akustischem Wege lasst sich die am Telefon ankommende Sprache wiedergeben, wenn wir die Membran auf den Hoerer schrauben und den Hoerer dicht auf die Telefon-Hoerermuschellegen. Bei aufgeschraubter Membran allerdings muss man mit der "akustischen Rückkopplung" rechnen, die darin besteht, daß der Lautsprecher akustisch auf den Hoerer zurückwirkt, wodurch sich eine Tonfrequenz erregen kann, die mit der Frequenz zusammenfällt, bei der die ganze Anlage den hochsten Verstarkungsgrad hat. Deshalb ist eine gute akustische Trennung zwischen Lautsprecher und Kopfhörer wichtig, was man am besten durch getrennte Unterbringungsräume für Kopfhörer und Lautsprecher erreicht. Man kann aber auch durch Einwickeln des Kopfhörers in Textilien Abhilfe schaffen. Dabei muss man so vorgehen, daß die Kopfhörermembran nur von dem zu verstärkenden Schall, nicht aber von dem des Lautsprechers getroffen werden kann.

Die vorstehend beschriebenen Versuche machen uns jetzt sicher weitere, praktisch wichtige Anwendungen verständlich. Beispielsweise wird in Theatern, in Dolmetscheranlagen, in Kirchen, in großen Vortragssaelen, in Konferenzraumen usw., nach dem beschriebenen Prinzip gearbeitet. Von Sprechströmen durchflossene Spulen an den Plätzen der Hoerer, aber auch große, sprechstromdurchflossene Drahtschleifen, die sehr starke Magnetfelder erzeugen, sorgen für die induktive Speisung von Kopfhörern und ermöglichen so eine bessere Verständlichkeit. Selbst Modell-Fernsteuerungen sind nach dem induktiven Prinzip gebaut worden und teilweise praktisch eingesetzt.

Wir haben nun verschiedene Verstärkerschaltungen kennengelernt und brauchen wohl nicht darauf hinzuweisen, daß sie uns im taegIichen Leben auf Schritt und Tritt begegnen. Wir finden sie nicht nur in Privatheimen bei Schallplatten- oder Radiogeräten, sondern auch im Omnibus, in der Bahn, im Flugzeug, bei Grossveranstaltungen usw., kurz immer dort, wo es darauf ankommt, die leise menschliche Stimme oder die Toene eines Orchesters gewaltig zu verstarken. Unsere Versuche haben jedenfalls gezeigt, wie diese Verstärker im Prinzip arbeiten.