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Telekosmos-Praktikum

Teil 1

• Title
• Heinz Richter
• Inhaltsverzeichnis
• Wichtige Hinweise
• Auswahl von Geräten
• Einleitung

A. Wir richten unser Experimentierlabor ein
B. Elektrotechnik, in Versuchen erlebt
C. Mit Halbleiterdioden auf du und du
D. Mit dem Transistor ist alles zu machen
Schlusswort
Anhang
I. Anwelsung zum Aufbau
II. Anleitung zum Prüfen und Reparieren von Einzelteilen

• Versuchsverzeichnis
• Stichwortverzeichnis
• Accessories
• Norm-Schaltzeichen nach DIN


2. Dioden, mit Roentgenaugen betrachtet

Schaltung zur Aufnahme von Dioden- kennlinien
Abb. 27. Schaltung zur Aufnahme von Dioden- kennlinien
Nachdem wir die Ventilwirkung einer Diode kennengelernt haben, wollen wir sehen, wie sich der Durchlassstrom in Abhängigkeit von der an der Diode liegenden Spannung ändert. Solche Zusammenhänge stellt man als sogenannte Kennlinie dar, wie es Abb. 29 für den vorliegenden Fall zeigt.

Was zeigt diese Diodenkennlinie? Zunaechst erkennt man, daß sie - besonders am Anfang - stark gekruemmt ist und bei zunehmender Spannung geradliniger verläuft. Bis etwa 0,2 V ist der Verlauf also recht flach und wird ab dort merklich steiler. Erst dann überwindet naemlich die von aussen angelegte Spannung die "innere" sogenannte Diffusionsspannung, die bei Germanium einen Wert von etwa 0,2 V hat; unterhalb dieser Spannung ist die Diode verhältnismaessig hochohmig, oberhalb davon niederohmiger.

Wer gluecklicher Besitzer eines Ultron-Instrumentes ist, kann diese Kennlinie sogar selbst aufnehmen. Die Schaltung dazu zeigt Abb. 27, den Mess-Aufbau Abb. 28. Da wir mit einem einzigen Instrument Spannung und Strom natuerlich nichtgleichzeitig meßen können, helfen wir uns mit einem Trick: Zuerst verbinden wir die Diode direkt mit dem 1-kΩ-Widerstand und meßen nur die Spannung an der Diode, wie es auf Abb. 28 dargestellt ist. Dabei legen wir eine Tabelle an, wie sie hier (als Beispiel, s. fettgedruckten Hinweis auf der naechsten Seite) gezeigt ist, und tragen für die Spannungen von 0,1 V, 0,2 V...0,8 V die jeweilige Stellung des Potentiometers (270 ° -Skala auflegen) als Gradzahl ein.

Aufbauzeichnung zu Abb. 27
Abb. 28. Aufbauzeichnung zu Abb. 27

Durchlasskennlinie einer Diode
Abb. 29. Durchlasskennlinie einer Diode
Spannung an der Diode
[V]
Potentiometer- stellung
[angle °]
Durchlass strom
[mA]
0,0 0 0,00
0,1 60 0,02
0,2 110 0,12
0,3 176 0,38
0,4 211 1,04
0,5 231 1,92
0,6 242 3,10
0,7 248 4,30
0,8 255 5,40

Dann klemmen wir das Ultron ab und schalten es an Stelle der auf Abb. 28 mit Pfeilen an ihren beiden Anschlüssen gekennzeichneten Leitung zwischen Diode und 1-kΩ-Widerstand. Nun stellen wir - beginnend mit 0,8 V - die Spannungen nach der Tabelle am Potentiometer ein und lesen die zugehörigen Stromwerte vom Ultron ab, das wir vorher auf den 25-mA-Bereich mit der Waehlscheibe eingestellt haben; unter 0,5 V können wir die Werte besser ablesen, wenn wir auf den 2,5-mA-Bereich umschalten, die Waehlscheibe also auf 2,5 mA einstellen. Die Stromwerte tragen wir dann ebenfalls in die Tabelle ein und können dann nach der Tabelle eine Kurve (s. Abb. 29) zeichnen. Moeglicherweise hat unsere selbstgezeichnete Kurve einige kleine Ecken. Diese ruehren dann von Einstellungs-Ungenauigkeiten oder davon her, daß wir abzulesende Werte, die zwischen zwei Teilstriche fallen, schätzen müssen.

Bei dieser und auch bei den folgenden Kennlinien-Aufnahmen müssen wir - sofern wir in der gluecklichen Lage sind, zwei Instrumente verwenden zu können - uebrigens eine meßtechnische Fehlerquelle beachten: Das Milliamperemeter misst naemlich den Voltmeterstrom mit, so daß besonders bei kleinen Diodenströmen Messfehler in Form von scheinbar zu großen Diodenströmen entstehen können, wenn der Voltmeterstrom gegenüber dem gemessenen Strom nicht mehr vernachläßigbar klein ist. Im vorliegenden Fall beträgt der Meßstrom des Ultrons im 5-V-Bereich bei der Anzeige von 0,8 V aber nur 0,004 mA, kann also vernachlassigt werden. Daraus ergibt sich die wichtige Regel, daß die Innenwiderstände von Voltmetern so gross wie möglich sein müssen.

Die in dieser wie auch in allen folgenden Tabellen verzeichneten Daten sind als individuelle Messwerte aufzufassen, die sich auf das gerade verwendete Dioden- oder Transistorexemplar beziehen. Fuehrt man die Messungen mit den im Experimentierkasten vorhandenen Bauteilen durch, so können sich erhebliche Abweichungen nach oben und unten erg eben, insbesondere bei Schaltungen ohne Stabilisierungseffekte, zu denen gerade die Meßschaltungen gehören. Dann macht sich der Temperatur- und Exemplareinfluss (fabrikationsbedingte Streuungen) entsprechend bemerkbar. Abweichungen ganz gleich in welcher Richtung bedeuten aber keinesfalls, daß die betreffende Diode oder der jeweilige Transistor einen Fehler hat!

Ein Transistor besteht aus zwei Dioden
Abb. 30. Ein Transistor besteht aus zwei Dioden

Abb. 30 bedeutet einen kleinen Vorgriff auf die Transistortechnik: Dort ist angedeutet, daß man sich, wie schon besprochen, in erster Annaeherung einen Transistor als aus zwei Dioden zusammengesetzt denken kann, der Emitterdiode zwischen dem Anschluß E und B und der Collectordiode zwischen C und B. Es steht nichts im Wege, eine der beiden Dioden, z. B. die Emitterdiode, für unsere Versuche als getrennte Diode zu be- 1 trachten und ihre Kennlinie ebenfalls mit der Schaltung nach Abb. 27 aufzunehmen. Bei unserem Leistungstransistor mit Kuehlschelle entspricht dann das Dreieck dem Anschluß E, der Strich dem Anschluß B. Die Kennlinien werden aehnlich wie die Kennlinien für Germanium in Abb. 31 ausfallen.

Kennlinie von Ge- und Si-Dioden
Abb. 31. Kennlinie von Ge- und Si-Dioden

Eine etwas andere Kennlinie ergibt sich, wenn wir den HF-Transistor nach Abb. 30 als zusammengesetztes Diodenpaar auffassen und die Kennlinie der Emitterdioden in der Schaltung nach Abb. 27 aufnehmen. Der HF-Typ ist ein npn-Silizium-Transistor, wir müssen also nach den frueheren Ausführungen eine andere Polung wählen. Das Dreieck in Abb. 27 entspricht jetzt dem Basisanschluss, der Strich dem Emitteranschluss. Bei der Kennlinienaufnahme (s. Abb. 31, Kurve für Silizium) werden wir feststellen, daß wir wesentlich mehr Spannung brauchen, bevor der Diodenstrom einsetzt.

Wir folgern daraus, daß die "Diffusionsspannung" einer Siliziumdiode höher als die einer Germaniumdiode liegt, was in der Praxis wichtig ist. Ebenso wie bei einer Germaniumdiode ist die Kennlinie gekruemmt, was bedeutet, daß der Widerstand anfänglich gross, später jedoch kleiner wird. Der Durchlasswiderstand einer Siliziumdiode ist gewoehnlich wesentlich kleiner als der einer Germaniumdiode. Diese Tatsachen wollen wir uns aus den Kennlinienversuchen merken.

Wer sich für den mathematischen Zusammenhang interessiert, dem sei noch die Formel für die Kennlinie der Diode in Sperrichtung angegeben. Sie lautet:

Darin sind q und k Materialkonstanten, T ist die absolute Temperatur, Usp die Sperrspannung und Is der Saettigungsstrom in Sperrichtung. Hier erscheint die Temperatur, was darauf hinweist, daß der Strom mit wachsender Temperatur steigt. Die Kennlinie in Durchlassrichtung folgt praktisch demselben, in gewissen Gebieten etwas abweichenden Gesetz.