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Telekosmos-Praktikum

Teil 1

• Title
• Heinz Richter
• Inhaltsverzeichnis
• Wichtige Hinweise
• Auswahl von Geräten
• Einleitung

A. Wir richten unser Experimentierlabor ein
B. Elektrotechnik, in Versuchen erlebt
C. Mit Halbleiterdioden auf du und du
D. Mit dem Transistor ist alles zu machen
Schlusswort
Anhang
I. Anwelsung zum Aufbau
II. Anleitung zum Prüfen und Reparieren von Einzelteilen

• Versuchsverzeichnis
• Stichwortverzeichnis
• Accessories
• Norm-Schaltzeichen nach DIN


6. Ein "elektrisches Stuehlchen" ohne Gefahren

Keine Angst - diese Schaltung wird uns nur ein bisschen "kitzeln" und nicht etwa in die Todeszelle von Sing-Sing versetzen. Sie ist eine harmlose Elektrisieranordnung, die uns das Zusammenwirken zwischen den Schaltereigenschaften eines Transistors und der Induktion deutlich vor Augen fohrt. Bauen wir einmal die Schaltung Abb. 122 nach Abb. 123 zusammen und legen wir die schwach angefeuchteten Zeigefinger der einen und der anderen Hand an die Anschlosse gr - sw unseres Transformators. Bei richtig eingestelltem Potentiometer fohlen wir dann ein lebhaftes Kribbeln in den Fingerspitzen, das uns veranlassen wird, die Wirkungsweise der Schaltung zu ergronden.

Die Anordnung hat zunaechst äusserlich Aehnlichkeit mit der Schaltung nach Abb. 108. Auch hier werden Schwingungen durch Rückkopplung erzeugt, denn im Basiskreis liegt die eine, im Collectorkreis die andere Wicklung unseres Transformators. Trotzdem besteht ein erheblicher Unterschied zwischen beiden Schaltungen. In Abb. 108 war naemlich durch entsprechende Wahl der Transformatoranzapfungen die Rückkopplung so schwach, daß der Transistor kaum übersteuert wurde. Der Schwingkreis könnte nahezu "sinusfoermige" Schwingungen erzeugen, wie sie z. B. in Tonfrequenzverstärkern vorkommen. Bei Abb. 122 dagegen ist die Rückkopplung durch Wahl einer anderen Transformatorübersetzung so stark gemacht, daß aus dem Sinusgenerator ein sogenannter Sperrschwinger wird. Infolge der starken Rückkopplung fliesst naemlich im Basiskreis gleich nach dem Einschalten ein starker Strom, der dem Kondensator C1 eine Zusatzladung erteilt, die der durch P gegebenen "Grundladung" entgegenwirkt. Dadurch wird die Basis von T positiv, und diese Spannung schaltet den Transistor C aus. Deshalb wird auch schlagartig der Collectorstrom auf Null zurückgehen. Nach den Gesetzen der Induktion bedeutet aber das Abschalten einer Induktivitat das Auftreten einer erheblichen Spannung, die um so größer ist, je höher die Windungszahl des Transformators gemacht wird. Eine Wicklung besonders hoher Windungszahl ist die Wicklung gr - sw, an die wir unsere Hand angeschlossen haben. Im Augenblick des Ausschaltens des Transistors genügt diese Spannung, um das erwähnte Prickeln in den Haenden zu veranlassen. Waehrend der Ausschaltzeit des Transistors verliert nun C1 langsam aber R1 und P seine, Zusatzladung soweit, daß der Transistor infolge des sich jetzt einstellenden Arbeitspunktes wieder arbeitsfaehig wird. Dann beginnt der Vorgang e von neuem, und die Schnelligkeit, mit der er sich abspielt, kann man an dem Potentiometer P einstellen. Wir können also die Stromstoesse schneller und langsamer aufeinander folgen lassen.

Ein Elektrisiergerät
Abb. 122. Ein Elektrisiergerät

Aufbauzeichnung zu Abb. 122
Abb. 123. Aufbauzeichnung zu Abb. 122

Wie gesagt, die Sache ist ganz harmlos. Deshalb haben wir als Betriebsspannung auch nur 3 V vorgesehen. Wir empfehlen also ausdrücklich, mit der Spannung nicht über diesen Wert hinauszugehen.

Sperrschwinger oder (etwas abgewandelt) Zerhacker, wie man sie auch nennt, haben in der Praxis zahlreiche nuetzliche Anwendungen. Die Schaltung kann ja buchstaeblich zaubern, denn sie kann aus einer Gleichspannung von 3 V eine impulsfoermige Wechselspannung von über 100 V erzeugen. Das haben C wir mit der Hand gemerkt. Oft gibt es Anwendungen, bei denen man so hohe Wechselspannungen braucht, aber nur kleine Gleichspannungen zur Verfuegung hat. Dann wird man diese Schaltungen einsetzen. Ein bekanntes Beispiel ist der elektronische Weidezaun, bei dem aus C einer kleinen Batteriespannung eine hohe, für die Tiere aber ungefaehrliche Spannung gemacht wird, die man nun einem Draht, dem eigentlichen Weidezaun, zuführt. Kommt ein Tier z. B. mit der Schnauze oder dem Bein an diesen Draht, so erhält es einen kleinen elektrischen Schlag und wird sich instinktiv in Zukunft von dem Draht fernhalten. Weitere Anwendungen gibt es in großer Zahl, beispielsweise in Form des "Gleichspannungswandlers", den wir nun besprechen wollen.