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Telekosmos-Praktikum

Teil 1

• Title
• Heinz Richter
• Inhaltsverzeichnis
• Wichtige Hinweise
• Auswahl von Geräten
• Einleitung

A. Wir richten unser Experimentierlabor ein
B. Elektrotechnik, in Versuchen erlebt
C. Mit Halbleiterdioden auf du und du
D. Mit dem Transistor ist alles zu machen
Schlusswort
Anhang
I. Anwelsung zum Aufbau
II. Anleitung zum Prüfen und Reparieren von Einzelteilen

• Versuchsverzeichnis
• Stichwortverzeichnis
• Accessories
• Norm-Schaltzeichen nach DIN


12. Wechselsprechen macht Spass

Es ware schön, könnten wir uns z. B. auf dem Campingplatz mit unserem Freund oder unserer Freundin von Zeit zu Zeit telefonisch unterhalten. Die Mittel unseres Experimentierkastens erlauben das, und die Schaltung Abb. 82 zeigt alles Naehere.

Schaltung einer Wechselsprechanlage
Abb. 82. Schaltung einer Wechselsprechanlage

Aufbauzeichnung zu Abb. 82
Abb. 83. Aufbauzeichnung zu Abb. 82

Wir stell en die Verdrahtung nach Abb. 83 her und besorgen uns eine dreipolige isolierte Leitung, deren Länge der zu überbrückenden Entfernung entsprechen muss. Wir kommen auch mit einer zweipoligen Leitung aus, wenn wir anstelle der dritten Leitung (bei nicht zu großen Entfernungen) die Wasserleitung verwenden. Diese Leitungen werden mit der Schaltung und dem Lautsprecher wie angegeben verbunden. Das Lautsprechergehause muss zu diesem Zweck mit seinem Gehäuse aus dem Chassis genommen und als zweite Sprechstelle verwendet werden. Will der Teilnehmer I den Teilnehmer II sprechen und ihn anrufen, so schiebt er (nach vorheriger Einstellung des Potentiometers, was nach Besprechung der Schalteinzelheiten noch erläutert wird) die beiden Schalter S2 und S3 nach unten (Stellung A) und drückt die Taste Ta1. Dann entsteht bei II ein Pfeifton, und II drückt die Taste Ta, was ein Aufleuchten des Lämpchens bei I bewirkt. Nun spricht I in den Kopfhörer und II wird die Stimme deutlich im Lautsprecher hören. Soll nun II antworten, so sagt I "bitte kommen" und schiebt dann S2 und S3 gleichzeitig nach oben, auf Stellung B. Jetzt kann II in den Lautsprecher sprechen und I hort die Stimme deutlich im Kopfhörer. Hat II seine Mitteilung beendet, so sagt er ebenfalls "bitte kommen", und I muss die Schalter neuerlich umlegen. Dann kann dieser Teilnehmer wieder zu II sprechen. Das Ganze ist also eine Wechsel- sprech-Anlage, bei der der Teilnehmer I Regie führt. Der zu einer gewissen Passivität verurteilte Teilnehmer II kann aber I jederzeit mit der Taste Ta rufen und diesen dann zur entsprechenden Einstellung der Umschalter veranlassen, so daß das Wechselgespraech zustande kommt.

Wie funktioniert nun die Schaltung im einzelnen? Nehmen wir zunaechst den Fall an, daß I mit II spricht. Dann liegen die Umschalter auf A (untere Stellung), und der Kopfhörer wirkt als Mikrophon. Die Sprechströme gelangen über C1 zur Basis von T, der zusammen mit T1 einen galvanisch gekoppelten Verstärker, aehnlich Abb. 78, darstellt. Wir brauchen daher seine Wirkungsweise im einzelnen nicht mehr zu besprechen. Im Collectorkreis von T1 liegt jetzt die Wicklung br - bl des Transformators, und da an ws - ge der Lautsprecher liegt, gelangen die verstärkten Sprechströme zu diesem. Der Teilnehmer II hört den Teilnehmer I sprechen. Vorher muss I den Teilnehmer II rufen, und das geschieht mit der Taste Ta1. Wird diese gedrückt, so wird der Verstärker vorübergehend zu einem Tonfrequenzerzeuger, denn ein Teil der Ausgangsspannung von T1 wird jetzt über Ta1, C2 und C1 auf den Eingang, also auf die Basis von T, übertragen. Aus Gruenden, die wir in Abschnitt III ganz genau besprechen werden, erzeugt unser Verstärker jetzt Niederfrequenzschwingungen, die sich im Lautsprecher als Pfeifton bemerkbar machen.

Will II mit I sprechen, so drückt er, wie wir gehört haben, die Taste Ta. Dann bringt er über die beiden unteren Leitungen eine Spannung von 4,5 V auf das Lämpchen, so daB dieses brennt. Hat daraufhin I die Schalter in die Schalterstellung B gebracht, so wirkt der Lautsprecher jetzt als Mikrophon; die Sprechströme werden über den Transformator übertragen, und die Wicklung br - bl steuert über die obere Stellung (B) von S3 und C1 den Eingang des Verstärkers. Sein Ausgang (Collector von T1) dagegen steht nun über die obere Stellung (B) von S3 mit dem Kopfhörer in Verbindung, der zur Wahrnehmung der Sprache verwendet wird. Durch diesen sinnreichen Umschaltmechanismus kann man also eine nette Wechselsprechanlage bauen.

Einige Besonderheiten müssen noch erlautert werden. So bringt es das Ausnuetzen desselben Verstärkers in beiden Sprechrichtungen mit sich, daß wegen des erforderlichen Umschaltens im Eingang und Ausgang an diesen Punkten Zuleitungen zu den Umschaltern liegen. Die Kapazität dieser Leitungen zueinander ist zwar klein, aber nicht vermeidbar und ohne besondere Massnahmen ausreichend, um den Verstärker zum "Schwingen" zu bringen. Es bleibt daher nichts anderes uebrig, als die Gesamtverstärkung ein wenig zu reduzieren, bis das Selbstschwingen verhindert wird. Hierfür dient der Drehkondensator C, der eine Gegenkopplung von T1 bewirkt. Um das Schwingen auch bei sehr hoch verstärkenden Transistoren und ungünstig großen Verdrahtungskapazitäten mit Sicherheit zu vermeiden, stellen wir C zunaechst auf den Maximalwert 180 °. Nun kommt noch die genaue Einstellung des Potentiometers, das den Arbeitspunkt beider Transistoren gleichzeitig festlegt. Wir machen das wie folgt: S2 und S3 werden nach oben auf B gestellt, der Teilnehmer II spricht, und I verstellt P vorsichtig nochmals so lange, bis er die Sprache möglichst klar und laut (im Kopfhörer) hört. Das wird ungefaehr bei dem Skalengrad 140 - 145 von P der Fall sein. Schaltet man nun S2 und S3 nach unten auf A und läßt I nach II sprechen, so wird auch jetzt die Sprache (im Lautsprecher) gut zu hören sein. Allerdings gibt es für diese Sprechstellung noch eine etwas geeignetere Einstellung von P, die um wenige Gradzahlen höher liegt. Dann aber ist das Ergebnis in der umgekehrten Sprechrichtung (von II nach I) schlechter. Man verzichtet also lieber auf diese Moeglichkeit und stellt das Potentiometer wie beschrieben auf den angegebenen Bestwert für Empfang bei I ein.

Wenn die Sache funktioniert, können wir noch durch Drehen von C gegen den Uhrzeigersinn eine Lautstärkeerhöhung zu erreichen versuchen. Man hört damit auf, wenn der Verstärker von selbst, d. h. ohne Betätigung von Ta1, zu pfeifen beginnt. Mit dem Drehkondensator können wir uns also genau den jeweils herrschenden, von Exemplar zu Exemplar immer etwas abweichenden elektrischen Verhältnissen (Stärke der Leitungskopplung, Transistorverstärkung) anpassen. Dass zu jeder Sprechrichtung zwei etwas verschiedene optimale Arbeitspunkte gehören, erklaert sich uebrigens aus den jeweils verschiedenen ohmschen Widerständen im Collectorkreis von T1.

Wie sehr sich heute Wechselsprechanlagen durchgesetzt haben, weiss man aus dem taeglichen Leben. In Bueros, in größeren Betrieben, aber auch in Privathaushalten spielen sie überall eine betraechtliche Rolle und erleichtern den Verkehr zwischen weiter voneinander entfernten Personen wesentlich. Es gibt noch zahlreiche andere Anwendungsmöglichkeiten für solch eine Anlage, z. B. ihre Verwendung zwischen dem Eingangstor und der Wohnung, um sich mit Besuchern vorher verständigen zu können. Auch als eine Art Babysitter ist die Anlage geeignet, wenn sich das Baby beim lautsprecher befindet und wenn die Schalter auf der Stellung B stehen. Faengt das Kind zu schreien an, so hört man es deutlich im Kopfhörer. Dass sich unsere Schaltung auch als lauschund Überwachungsanlage eignet, ist selbstverständlich.