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Telekosmos-Praktikum

Teil 1

• Title
• Heinz Richter
• Inhaltsverzeichnis
• Wichtige Hinweise
• Auswahl von Geräten
• Einleitung

A. Wir richten unser Experimentierlabor ein
B. Elektrotechnik, in Versuchen erlebt
C. Mit Halbleiterdioden auf du und du
D. Mit dem Transistor ist alles zu machen
Schlusswort
Anhang
I. Anwelsung zum Aufbau
II. Anleitung zum Prüfen und Reparieren von Einzelteilen

• Versuchsverzeichnis
• Stichwortverzeichnis
• Accessories
• Norm-Schaltzeichen nach DIN


2. Emitterschaltung - am meisten gefragt

In der Emitterschaltung ist der Emitter der "ruhende Pol", wie die Meßschaltung Abb. 48 (Aufbau Abb. 49) zeigt. Hier wird die Basis-Emitterstrecke gesteuert, die Auswirkung der Steuerung wird in der Collector-Emitterstrecke beobachtet. Der Emitter ist der Schaltungsnullpunkt (mit einem Ultron können wir diese Kennlinienschar sogar selbst aufnehmen). Für die Kennlinienaufnahme gelten praktisch dieselben Hinweise wie bei Abb. 45/47; wir stellen mit P jeweils bestimmte Basisströme fest ein und verändern für jeden Basisstrom die Collector-Emitterspannung zwischen + und -9 V; allerdings ist diesmal die Spannung -UCE der Kurve identisch mit der jeweils angeschlossenen Collectorspannung, weil der Emitter diesmal direkt an plus liegt. Wir legen das auf den 50-µA-Bereich geschaltete Ultron-Instrument zunaechst in die Basis-Zuleitung (in Abb. 49 mit Pfeil gekennzeichnet), legen den Collector direkt über den 100-Ω-Widerstand an -9 V und stellen den für die Aufnahme der jeweiligen Kennlinie gewünschten Basisstrom, z. B. 40 µA, ein. Dann ersetzen wir das Instrument wieder durch die Leitung, stellen es auf den 25-mA-Bereich an der Waehlscheibe um und schalten es, wie in Abb. 49 gezeigt, in die Collectorleitung. Nun tragen wir den Collectorstrom für - 9 V in die Tabelle ein, schalten auf 7,5 V um, tragen den dabei gemessenen Collectorstrom ein usw. bis hinunter zu null Volt. Anschliessend wiederholen wir das Ganze für die anderen Basisströme. Wir kamen bei unserer Messung so zur folgenden Tabelle, welche die Grundlage zur Kennlinienschar Abb. 50 darstellt. Für jeden Wert des Basisstromes legen wir eine entsprechende Spalte in der Tabelle an und erhalten dann die Ausgangskennlinien der Emitterschaltung, wie sie Abb. 50 zeigt. Zu jeder Kennlinie gehört ein bestimmter Wert des Basisstromes.

Ein Vergleich mit Abb. 47 zeigt zwei wesentliche Unterschiede: Erstens beginnen die Kennlinien im Nullpunkt des Achsenkreuzes, zweitens ist ihre Steigung wesentlich stärker. Die Grunde wollen wir erforschen.

Schaltung zur Aufnahme der Ausgangskennlinien van Transistaren in Emitterschaltung
Abb. 48. Schaltung zur Aufnahme der Ausgangskennlinien van Transistaren in Emitterschaltung

Aufbauzeichnung zu Abb. 48
Abb. 49. Aufbauzeichnung zu Abb. 48

Ausgangskennlinien in Emitterschaltung
Abb. 50. Ausgangskennlinien in Emitterschaltung

-UCE [V] Collectorströme - IC [mA]
für - IB = 10 µA für - IB = 20 µA für - IB = 40 µA
0 0 0 0
1,5 2,3 4,3 8,2
3,0 2,4 4,6 9,0
4,5 2,5 4,9 9,8
6,0 2,6 5,2 10,5
7,5 2,8 5,5 11,3
9,0 3,0 5,8 12,1

Liegt zwischen Collector und Emitter überhaupt keine Spannung (Anschluß des Collectorkreises an den Pluspol der Batterie), so fehlt jede treibende Spannung, denn der durch den winzigen Basisstrom verursachte Spannungsabfall an dem ebenfalls sehr kleinen inneren Emitterwiderstand ist zu vernachläßigen. Deshalb beginnen die Ausgangskennlinien in Emitterschaltung stets im Nullpunkt. Die größere Steigung der Kennlinien verstehen wir am besten anhand einiger ganz einfacher Formeln. Zunaechst gilt für die Emitterschaltung die Gleichung

IC = IB · B + ICBO · (B+1)

Darin ist B die Stromverstärkung in Emitterschaltung, IB der Basisstrom und ICBO der Collector-Reststrom, der uns vorerst nicht zu interessieren braucht. Dafür müssen wir uns ein wenig mit der Stromverstärkung B in Emitterschaltung befassen. Sie entspricht dem Verhältnis zwischen Collectorstrom und Basisstrom, und da der Basisstrom stets viel kleiner als der Collectorstrom ist, ahnen wir schon, daß die Stromverstärkung in Emitterschaltung weit über dem Wert 1 liegt. Sie ist eine direkte Funktion

der Stromverstärkung A in Basisschaltung und kann mit IB = IC/A - IC nach der Formel

B = IC / IB = IC / ((IC / A) - IC) = A / (1 - A)

berechnet werden. Wäre diese Stromverstärkung konstant, so würden die Kennlinien ebenso horizontal wie in der Basisschaltung verlaufen. Wir hörten jedoch, daß sich die Stromverstärkung mit zunehmender Spannung zwischen Collector und Emitter ändert, und diese Änderung ist in der Emitterschaltung viel größer. Wir brauchen nur einmal anzunehmen, A ändere sich von 0,99 auf 0,995. Diese kleine Änderung beinflusst die Kennlinien in der Basisschaltung praktisch überhaupt nicht. Nach der vorhin angegebenen Formel jedoch bekommen wir für A = 0,99 ein B = 99, für A = 0,995 dagegen bereits B = 198. Diese fast doppelt so große Stromverstärkung B ist nun die Ursache für den steileren Verlauf der Emitterschaltungs-Ausgangskennlinie.

Wie steht es mit den Eingangs- und Ausgangswiderständen? Da eine bestimmte Spannung zwischen Basis und Emitter nur einen kleinen Basisstrom hervorruft, ist der Eingangswiderstand offenbar wesentlich (etwa Bmal) größer als bei der Basisschaltung; er liegt bei rund 1 kΩ. Der Ausgangswiderstand dagegen ist, wie sich aus der größeren Steigung der Ausgangskennlinien ergibt, kleiner als in der Basisschaltung; er liegt in der Größenordnung von einigen hundert kΩ. Die Spannungsverstärkung ist wiederum gleich ungefaehr dem Verhältnis zwischen Collector-Ausgangswiderstand und Basis-Eingangswiderstand, aber um das B-fache größer als in der Basisschaltung. Da sowohl die Spannungsals auch die Stromverstärkung wesentlich höher als 1 sind, ist das Produkt davon, die Leistungsverstärkung, sehr hoch, und diese Tatsache hat der Emitterschaltung eine überragende praktische Bedeutung verschafft. Für hohe Frequenzen jedoch ist sie, wie schon angedeutet, der Basisschaltung unterlegen, einfach deshalb, weil die Ladungsträger in der Basis jetzt durch einen viel schwaecheren Strom, naemlich den Basisstrom, bewegt werden müssen. Das dauert viel länger als bei dem kraeftigen Emitterstrom in der Basisschaltung. Wenn wir mit f die Grenzfrequenz bezeichnen, d. h. diejenige Frequenz, bei der die "Wechselstromverstärkung" β, die sich zahlenmaessig nur wenig von B unterscheidet (s. auch Seite 60), auf den etwa O,7ten Teil des für Niederfrequenz gültigen Wertes abgesunken ist, so besteht zwischen der Grenzfrequenz fβ bei der Emitterschaltung und der Grenzfrequenz fα bei der Basisschaltung der Zusammenhang

fβ = fα / (β + 1)

Wir wollen uns die wichtige Tatsache merken, daß sich ein Transistor in der Emitterschaltung um so weniger für hohe Frequenzen eignet, je höher der Stromverstärkungsfaktor ist. Das ist traurig, aber wahr.

Zum Abschluss müssen wir noch den Begriff der sogenannten Knie- oder Restspannung erläutern. Darunter versteht man denjenigen Spannungsbereich, innerhalb dessen die Collectorstrom-Collectorspannungskennlinien in der Emitterschaltung die hoechste Steigung haben. Die Größe dieser Kniespannung hängt von verschiedenen Faktoren, u. a. vom Basisinnenwiderstand, dem Collectorwiderstand usw. ab. Praktisch kann man bei normal en Transistoren mit etwa 200 mV rechnen. In diesem Kennlinienbereich arbeitet man gewohnlich nicht, sondern nutzt nur den nahezu horizontal verlaufenden Bereich aus.